Wie kam es, dass Sie Architekt wurden?
Erich Thalmeier (schmunzelt): „Ich hatte schon ein Zeichenbrett und eine
Reißschiene.“ – Sonja Thalmeier: „Und ich einen Computer.“ – Erich Thalmeier: „Im Ernst: Man wächst hinein. Und das Geschäft gehörte übernommen. Und Sonja hatte die Eignung fürs Zeichnen.“ – Sonja Thalmeier: „Mich interessierte technisches Zeichnen und das Handwerkliche. Es hat nie geheißen, du musst das mal übernehmen. Mir hat’s einfach gefallen.“
Wenn man auf 50 Jahre Architekturgeschichte zurückblickt: Was hat sich für Architekten in diesen Jahren geändert?
Sonja Thalmeier: „Wenn ich vergleiche, wie ich an einen Auftrag rangehe und wie das mein Vater macht: ich denke immer zuerst an die Kosten und die Energiefragen, die mit dem Neubau verbunden sind. Danach erst wende ich mich der eigentlichen Entwurfsarbeit zu. Das hat mein Vater noch ganz anders gelernt, er denkt immer vom Entwurf her. Sein Ansatz war von Anfang an viel freier.“
Sollte man regional bauen?
Sonja Thalmeier: „Ich finde, ja. Ein Gebäude soll sich in die Landschaft und die Umgebung einfügen, auch zu einem möglicherweise vorhandenen Baubestand passen und diesen nicht abwerten. Man sollte soweit möglich regionale Baustoffe verwenden …“
Erich Thalmeier: „Ich würde eher sagen, man sollte ‚landschaftsgebunden‘ bauen. Im Schwarzwald sollte es nicht so aussehen wie in Hamburg.“
Alt und Neu – was ist besser, schöner?
Sonja Thalmeier: „Man muss nicht immer historisierend bauen, man kann auch ein modernes Gebäude einfügen. Es ist richtig, in der Zeit zu bauen, in der man lebt. Und nicht richtig ist es, heute so zu bauen wie vor 100 Jahren. Das entspricht nicht den Lebensgewohnheiten, den Anforderungen an heutiges Wohnen und den Erfordernissen eines niedrigen Energieverbrauchs.“
Erich Thalmeier: „Aber im Ensemblebereich bedarf es einer großen Sensibilität. So darf man in eine bestehende historische Häuserzeile keinen modernen Bau einfügen.“
Sind Sie sich, Vater und Tochter, bei der Bewertung von Alt neben Neu in der Architektur einer Meinung?
Beide lachen, dann schüttelt Sonja Thalmeier nachdrücklich den Kopf. – „Ich bin mir schon einig, aber sie nicht mit mir“, scherzt der Vater.
Architekten- oder Fertighäuser: Warum sollte jemand zum Architekten gehen?
Erich Thalmeier: „Bei einem Fertighaus, seh‘ ich gleich an der Haustür, wie es innen aussieht. Baut jemand, bei dem es schon Bestand gibt, dann lässt sich das besser mit einem Architekten durchführen, man passt an, integriert, entwickelt das Vorhandene weiter.“
Sonja Thalmeier: „Heute gibt es schon sehr gute Fertighäuser, z.T. werden diese ja von Architekten geplant und später dann in Serie gefertigt und angeboten. Ein vorhandenes, schwieriges Grundstück geht oft nur mit einem Architekten. Bauherren, die zum Architekten gehen, suchen sich diesen im Allgemeinen anhand gebauter Beispiele oder Referenzen aus. Sie wollen eine individuelle Planung. Manche kommen auch mit Plänen eines Fertighauses. Aber dann wollen sie diese individuell auf die eigenen Bedürfnisse angepasst haben. Es sind Leute, die nach mehr suchen als das, was es schon gibt. Wir versuchen immer, uns auf den Bauherrn einzustellen.“
Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen den Generationen?
Sonja Thalmeier: „Mein Vater macht gerne den Entwurf, die Baubesprechungen und Büroarbeit liegen mehr in meinen Händen. Nach der Entwurfsphase stimmen wir uns ab, da fließen dann auch meine Vorschläge ein.“
Wie ist es, wenn bald der Firmengründer übergeben wird an seinen Nachfolger?
Erich Thalmeier: „Wenn unser Büro von Architekten weitergeführt wird, dann habe ich keine Sorge. Architekten haben auf Harmonie mit der Umgebung acht. Und Symmetrie wird immer ein wichtiges Mittel architektonischer Gestaltung bleiben.“
Das Interview führte M. Hoffmann-Falk, Buchbach, am 20.11.2015